Wir sind da Ö Österreich

NAH FÜR DICH. DA FÜR DICH

Durch das Projekt Commu­nity Nursing der Euro­päi­schen Union und der öster­rei­chi­schen Bundes­re­gie­rung soll ein wesent­li­cher Beitrag zur wohn­ort­nahen, nieder­schwel­ligen und bedarfs­ori­en­tierten Versor­gung geleistet werden. Die Commu­nity Nurses fungieren dabei als zentrale Ansprech­per­sonen, die die Koor­di­na­tion von Leis­tungen über­nehmen und damit eine wesent­liche Rolle im Präven­ti­ons­be­reich einnehmen.

 

Das Rote Kreuz betei­ligt sich aktiv am Projekt: Die Diplo­mierte Gesund­heits- und Kran­ken­pfle­gerin Eva Maria Unger BSc., MA, ist im stei­ri­schen Bezirk Voits­berg Commu­nity Nurse der ersten Stunde. Mit mein Rotes Kreuz spricht sie über Viel­sei­tig­keit im Arbeits­alltag, fall­über­grei­fende Heraus­for­de­rungen und Selbst­be­stim­mung im Leben.

 

Im Rahmen Ihrer Tätig­keiten befassen Sie sich mit Gesund­heits­be­dürf­nissen von Einzel­per­sonen und Fami­lien. Stän­diges Ziel dabei ist durch Bera­tung und Koor­di­na­tion der unter­schied­li­chen Leis­tungen die Gesund­heit, Lebens­qua­lität, das Wohl­be­finden und die Selbst­hil­fe­fä­hig­keit der Menschen zu erhöhen. Wie sieht ihr Arbeits­alltag aus?

Mein Arbeits­alltag ist sehr viel­seitig und bringt jeden Tag etwas Neues mit sich. Meine Erfah­rungen aus den ersten Monaten des Projektes zeigen, dass ich nicht nur als Koor­di­na­torin, Vernet­zerin und Bera­terin tätig bin, sondern vor allem auch als Bezugs- und Vertrau­ens­person der gesamten Familie. Bei mir steht nicht nur die Unter­stüt­zung suchende Einzel­person im Mittel­punkt, sondern immer das gesamte Fami­li­en­system und letzt­lich auch die damit verbun­dene Gemeinde. Ich versuche Lösungen für und mit den Klienten:innen entspre­chend ihren Anliegen und Problemen zu finden.

 

Wie läuft das in der Praxis ab?

In der Praxis werde ich in der Regel tele­fo­nisch von Inter­es­sent:innen kontak­tiert, im Gespräch wird dann zumeist ein Haus­be­such als Termin zur Erst­in­for­ma­tion verein­bart. Den Haus­be­such bereite ich sehr gut vor. Man muss bedenken, dass man in die Familie „eintritt“, daher gilt es einige Faktoren zu beachten, wie zum Beispiel: Wie führe ich das Gespräch? Welche Inter­essen hat die Familie? Was ist das Ziel? Welche Infor­ma­tionen gebe ich, ohne die Betrof­fenen zu über­for­dern? Wie baue ich, als Commu­nity Nurse, Vertrauen und Bezug zur Familie auf? Welche weiteren Maßnahmen sind erfor­der­lich?

Die Dauer des Haus­be­su­ches kann sehr unter­schied­lich sein, im Schnitt sind es mehr als zwei Stunden. Der Vorteil als Commu­nity Nurse ist, dass man sich die erfor­der­liche Zeit nehmen kann. Dieser Umstand gibt mir als Fach­kraft sehr viel Moti­va­tion in meinem Beruf und den betreuten Fami­lien Sicher­heit.  

Im Anschluss an den Haus­be­such beginnt die aktive Beglei­tung der Familie, es wird ein Gesund­heits-Pfle­ge­vor­sor­ge­pro­zess erstellt. Dabei sind wissen­schafts­ori­en­tierte Kompe­tenzen der Commu­nity Nurse erfor­der­lich. Meine persön­li­chen Erfah­rungen zeigen mir, dass man mit der Ausbil­dung zur diplo­mierten Gesund­heit- und Kran­ken­pfle­gerin für den Beruf der Commu­nity Nurse nicht das Auslangen findet. Als Commu­nity Nurse muss man offen in komplexe Situa­tionen gehen, sich fami­liäre Bedin­gungen in der Gesamt­heit ansehen und mit vielen dazu­ge­hö­rigen Akteur:innen in Verbin­dung treten. Nur so kann eine Lösung für die Probleme und Bedürf­nisse der Familie in der Gemeinde erlangt werden.

 

Was zeichnet Ihre Arbeit aus?

Bevor das Projekt in Voits­berg gestartet ist, habe ich mittels eines halb­stan­dar­di­sierten Fragen­bo­gens die Bewohner:innen der Stadt­ge­meinde gefragt, was sie sich von diesem Projekt und speziell von den Tätig­keiten einer Commu­nity Nurse erwarten. Das Ergebnis zeigte eindeutig zwei Faktoren: Zeit und Praxis. Wir in Voits­berg haben unser Projekt sehr spezi­fisch auf die Gesund­heits- und Pfle­ge­prä­ven­tion aufge­setzt. Wir stehen den Bewohner:innen der Stadt­ge­meinde Voits­berg für Fragen und Anliegen zu Gesund­heits­för­de­rung und Pfle­ge­vor­sorge zur Verfü­gung. Aufgrund der Ergeb­nisse der ersten Bedarfs­er­he­bung fußen unsere Ange­bote auf den drei Säulen: Praxis­kurse, indi­vi­du­elle Pfle­ge­vor­sorge und präven­tive Haus­be­suche.

Die Arbeit als Commu­nity Nurse in Voits­berg ist für mich etwas ganz Beson­deres, weil ich als diplo­mierte Gesund­heits- und Kran­ken­pfle­gerin endlich den Schwer­punkt auf den Vorsor­ge­be­reich setzen und präven­tive Maßnahmen im Krank­heits- und-Pfle­ge­vor­sor­ge­pro­zess planen und durch­führen kann. Die Viel­sei­tig­keit macht den Beruf als Commu­nity Nurse für mich zudem sehr inter­es­sant, aber auch die damit verbun­dene Verant­wor­tung bringt neue Heraus­for­de­rungen mit sich. Mir ist es ein beson­deres Anliegen mein theo­re­ti­sches Fach­wissen für die Bevöl­ke­rung in der Praxis anzu­bieten.

 

Wo liegen für Sie die größten Heraus­for­de­rungen in Ihrer Arbeit als Commu­nity Nurse?

Commu­nity Nurses können aus meiner Sicht viel bewirken. „Wunder­wuzzis“ oder „Lücken­füller“ sind wir aber dennoch sicher nicht. Die größten Heraus­for­de­rungen in unserer Arbeit sehe ich darin, das bestehende Netz­werk im Gesund­heits- und Pfle­ge­be­reich sowie andere Fachsparten zu unter­stützen, aktiv daran mitzu­wirken und sich gegen­seitig fall­über­grei­fend im Fami­li­en­system zu vernetzen. Unsere Aufgabe ist es, uns auf Gemein­de­ebene, auch berufs­po­li­tisch, zu etablieren. Wir möchten durch unsere Arbeit zeigen, wie wir Gemein­de­be­wohner:innen unter­stützen und wie in Zukunft unsere Tätig­keits­felder defi­niert werden können. Darüber hinaus werden künftig noch weitere Heraus­for­de­rungen auf uns zu kommen. Mit diesen umzu­gehen, sie zu bewäl­tigen und aus ihnen zu lernen ist wichtig für die Tätig­keit als Commu­nity Nurse. Wir sind am Beginn der Entwick­lung eines neuen Berufs­bildes. Dabei ist auch der Blick über den Teller­rand wichtig – zur Weiter­bil­dung, aber auch zur Etablie­rung.

 

Zur Person:

Eva Maria Unger, BSc. MA ist seit April 2022 ist sie als Commu­nity Nurse, in der Stadt­ge­meinde Voits­berg in Koope­ra­tion mit dem Öster­rei­chi­schen Roten Kreuz, Landes­ver­band Stei­er­mark (Pflege- und Betreuung), tätig. Seit Juni 2022 schult sie Frau DGKP Maria Harrer ein, die sie als Commu­nity Nurse für den Bezirk Voits­berg unter­stützen wird.

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