Medizinische Versorgung, Wasser, Hygienepakete, Nahrungsmittel, Notunterkünfte, Decken oder Gutscheine – so hilft das Rot Kreuz in den Kriegs- und Krisengebieten weltweit. Doch manchmal hilft das Rote Kreuz auch mit Fachwissen – und zwar noch bevor etwas passiert. Wissen, wie es der 41 jährige Christian Diemt aus Niederösterreich in seiner Rotkreuz-Laufbahn gesammelt hat, und das er jetzt weitergibt. In Atzenbrugg an seiner Rotkreuz-Heimatdienststelle, in Ruanda oder in Nordmazedonien. Wir haben uns mit ihm darüber unterhalten.
Wie arbeiten Rettungsdienst und Gesundheits- und Sozialen Dienste des Roten Kreuzes in Österreich zusammen?
Angefangen habe ich ganz klassisch im Rettungsdienst. Wenn man dabei jemanden aus dem Krankenhaus nach Hause bringt, wird oft klar, dass in der geänderten gesundheitlichen Situation etwas fehlt. Das kann ein Pflegebett sein, irgendein Pflegebehelf oder – besonders bei alleinstehenden Personen – die Rufhilfe, die Sicherheit gibt. Sie stellt im Notfall die Sprechverbindung zur Rettungsleistelle her. Es geht um Menschen in Not, und da gibt es für mich ganz klar Schnittpunkte zwischen Rettungsdienst und Gesundheits- und Sozialen Diensten. Auch das Gefühl von Sicherheit und die sozialen Kontakte – zum Beispiel bei den Seniorentreffs – tragen sehr zum Wohlbefinden der betreuten Personen bei. Ich erinnere mich an einen Rettungseinsatz bei einer älteren Dame in Klosterneuburg und ihre größte Sorge war nicht ihre Gesundheit, sondern ob sie wohl am nächsten Samstag zum Seniorentreff gehen wird können. Es ist schön, wenn unsere Angebote so viel Freude bereiten.
Warum brauchen immer mehr alte und kranke Menschen Unterstützung?
Junge Menschen sind beruflich mobiler, und der Mehrgenerationenhaushalt, in dem die Angehörigen die Pflege und Betreuung automatisch übernehmen ist nicht mehr selbstverständlich. Die Zahl der alleinlebenden Menschen, die Unterstützung brauchen steigt. Das gilt für Österreich aber auch für Nordmazedonien. Während man aber in Österreich auf Sicherheitsnetzwerke wie die Rufhilfe, Heimhilfe und mobile Pflege ausweichen kann und im Notfall die Rettung nach maximal 15 Minuten kommt, ist die Situation in Nordmazedonien besonders für ältere und kranke Menschen schwieriger: Knapp ein Drittel der älteren Menschen lebt allein. Mit einer Pension von umgerechnet 100 bis 200 Euro kommen die Senior_innen kaum über die Runden – besonders seit sich z.B. der Strompreis verdreifacht hat. An den Zukauf von privaten Unterstützungsleistungen ist da nicht zu denken und auf das Rettungsauto musste man auch in Skopje bis vor kurzem bis zu eine dreiviertel Stunde lang warten.
Wie entlastet das Rote Kreuz in Nordmazedonien das Gesundheitssystem?
Jetzt entlastet das Rote Kreuz das Gesundheitssystem mit zwei Krankentransportwägen und wenn dieser Artikel erscheint, sollte die Rufhilfe-Leitstelle schon funktionieren. Denn was in Österreich seit Jahren gut funktioniert wurde in Skopje als Pilotprojekt ausgerollt. Das Rufhilfe-Gerät wird mit dem Telefon verbunden, im Notfall drückt man den Knopf am Rufhilfe-Armband und hat Sprachverbindung zur Leitstelle. Je nachdem, was passiert ist, wird eine Rotkreuz-Heimhilfe oder ein extra geschulter freiwilliger First Responder oder ein Krankentransport zum Notfallort geschickt.
Know how als Exportartikel – wie ist es dazu gekommen?
Im weltweiten Netzwerk der Rotkreuz- bzw. Rothalbmondgesellschaften versuchen wir immer, gut zusammenzuarbeiten und voneinander zu lernen. 2020 sollte ich für ein halbes Jahr nach Ruanda gehen, wo der Rotkreuz-Rettungsdienst nach österreichischem Vorbild ausgebaut wird. Nach zwei Monaten waren die Schulungen vor Ort und das Projekt in der geplanten Form durch die strengen Corona-Maßnahmen nicht mehr möglich. Ich unterstützte nur noch digital von Österreich aus und konnte mich so auch um ein anderes spannendes Projekt kümmern: Den „Export“ unseres Erfolgsprojekts Rufhilfe. Und was zunächst nur als Kauf und Installation einer Leitstellen-Software geplant war, wurde ein komplexes Projekt, das Rettungsdienst und Gesundheits- und Soziale Dienste verschränkte und jetzt ein gut aufgesetztes, skalierbares und nachhaltiges Projekt ist, dass Synergien und Stärken des Roten Kreuzes in Nordmazedonien nützt und die Sicherheit und Versorgung von alten und kranken Menschen deutlich verbessert.
Wie arbeitet das Rote Kreuz weltweit?
In der Katastrophenhilfe arbeiten die internationalen Helfer_innen mit denen der Rotkreuz- oder Rothalbmondgesellschaft vor Ort zusammen und denken auch Katastrophenvorsorge bzw. Stärkung, der Schwestergesellschaft mit. So wird nicht nur Not gelindert, sondern auch langfristig geholfen und auf zukünftige Krisen vorbereitet. Gemeinsam als Netzwerk aus weltweit 192 Gesellschaften mit Millionen Freiwilligen - stellen wir uns den Herausforderungen der nächsten Jahre.
Wenn Sie das Rote Kreuz im internationalen Einsatz unterstützen wollen finden Sie mehr Infos unter: www.roteskreuz.at/spenden