Aufgrund der Kampfhandlungen wurden 85% der Bevölkerung in Gaza vertrieben. Viele von ihnen bereits mehrmals. Gleichzeitig wird der humanitäre Korridor in Rafah, wo sich mehr als eine Million Menschen aufhalten, immer kleiner. Hunderttausende Menschen schlafen im Freien, in ihren Autos oder in Schulen und Krankenhäusern, weil sie keinen Ort mehr haben, wo sie sonst unterkommen können. Auf der Suche nach Sicherheit leiden die Menschen unter ständiger Angst und Stress.
Ein Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) berichtet:
„Familien mit kleinen Kindern und Großeltern gehen kilometerweit zu Fuß, auf der Suche nach Sicherheit. Sie schlafen auf der Straße, wo sich Abwasser und Müllberge sammeln. Ohne Dach über dem Kopf und ohne Zugang zu sauberem Wasser. Teilweise wird Vogelfutter als Mehlersatz verwendet, weil es nichts anderes gibt. Die Menschen haben keinerlei Informationen, was gerade passiert. Sie sind von der Außenwelt abgeschnitten. All das hört einfach nicht auf…“
Laut WHO sind bereits zwischen 12 und 16,5 % der Kinder unter fünf Jahren im Gazastreifen akut unterernährt. Vor den Ereignissen im Oktober waren es lediglich 0,8%. Ihre Entwicklung wird dadurch stark beeinträchtig und das Risiko, an sonst harmlosen Krankheiten zu versterben, steigt enorm.
Beinahe alle Menschen im Gazastreifen müssen bereits auf Mahlzeiten verzichten. Die Hilfsgüterlieferungen reichen einfach nicht aus und müssen dringend aufgestockt werden. Auch die humanitären Helfer:innen leiden Hunger während sie tagtäglich versuchen, Leben zu retten.
Hisham Mhanna arbeitet seit 2019 für das Internationale Rote Kreuz in Gaza. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin profil erzählt er, dass jeder in Rafah drei Liter Wasser pro Tag bekomme, doch davon seien zwei nicht trinkbar. Dies und die fehlende Gesundheitsversorgung schafften perfekte Bedingungen für übertragbare Krankheiten und Krankheiten des Verdauungsapparates. Im Norden sei es noch schlimmer, von dort gebe es Berichte, dass Kinder verhungert seien. Die jüngsten Initiativen, Hilfspakete aus der Luft oder über den Seeweg nach Gaza zu schaffen, seien zwar hilfreich, aber sie könnten die Lieferungen durch Lastwagen mengenmäßig nicht ersetzen. Die Lage sei noch nie so schlimm gewesen, seit das Rote Kreuz in den besetzten Gebieten tätig sei, sagt Mhanna, also seit 1967.